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Verschiedene Einflüsse haben Auswirkungen auf den Geschmack und den Genuss von Passagiermenüs bei Fluggesellschaften

Verschiedene Einflüsse haben Auswirkungen auf den Geschmack und den Genuss von Passagiermenüs bei Fluggesellschaften

 

Vorweg: Der Luftdruck in Passagiermaschinen ist entscheidend für unser sensorisches Erlebnis, ob wir mit dem Essen und den Getränken im Flieger glücklich werden.
Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber es werden immer mehr spezifischere Lebensmittel, Menüs und Getränke für den Einsatz über den Wolken entwickelt, die der veränderten Aromen- und Geschmacksempfindung auf 10.000 m Flughöhe angepasst sind.
Dabei wird in den Maschinen nicht der vorherrschende Aussenluftdruck von 264,42 hPa angewandt, sondern ein konstanter Luftdruck, wie er etwa 2.500 m über dem Meer herrscht. Der Kabinendruck liegt bei ungefähr 750 hPa (Hektopascal), was etwa 75% des Atmosphärendrucks auf Meereshöhe entspricht.
Dieser reduzierte Druck ist ein Kompromiss zwischen dem Komfort der Passagiere und den strukturellen Belastungen des Flugzeugrumpfs. Er ermöglicht es, die mechanischen Belastungen auf die Flugzeugkabine auszugleichen und gleichzeitig eine für die Passagiere erträgliche Umgebung zu schaffen.

Unter den veränderten, verringerten Druckverhältnissen kommt es tatsächlich zu einer signifikant veränderten Wahrnehmung für unsere Geschmacksknospen in unserem Mund- und Rachenraum, begünstigt durch eine niedrigere Luftfeuchtigkeit von 10% in der Flugzeugkabine.
Der niedrige Luftdruck reduziert die Sauerstoffversorgung der Geschmacks- und Geruchsrezeptoren, was ihre Leistungsfähigkeit einschränkt. Die Verhältnisse an Bord entsprechen eher denen im kalifornischen Death Valley, einem der trockensten Orte der Erde. Und das hat Folgen.
Die geringe Luftfeuchtigkeit lässt die Nasenschleimhäute austrocknen und den Speichelfluss stocken. Dadurch werden Gerüche und Geschmack deutlich schlechter wahrgenommen. Zwar sind nach landläufiger Ansicht vor allem die Geschmacksknospen auf der Zunge, am Gaumen und im Rachen für das Geschmacksempfinden verantwortlich, doch ohne eine einwandfrei funktionierende Nase können sie ihren Dienst nur unvollkommen versehen, weshalb der retronasale Geruchssinn signifikant wichtig für die kulinarische Bewertung ist.
Die Wahrnehmungsschwelle für Aromen liegt bei Normaldruck bei 0,5 µg/L Trinkwasser, bei Niederdruck steigt sie sofort auf 5 µg/L Trinkwasser, d.h. die Konzentration muss bei niedrigem Luftdruck zehn mal so hoch sein, bevor die Fluggäste sie wahrnehmen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, nehmen Fluggesellschaften Anpassungen vor, in denen die Gerichte generell stärker gewürzt werden, um die abgeschwächte Geschmackswahrnehmung auszugleichen. Der Salzgehalt wird um 20-30% erhöht, da Salz in der Höhe weniger wahrgenommen wird, was ebenfalls bei Zucker festzustellen ist. Der Gehalt an Zucker wird um 15-20% erhöht.
Leichte Speisen wie Fisch oder Hähnchen, die an Geschmack verlieren, werden weniger verwendet. Stattdessen werden würzigere Gerichte, wie asiatische Speisen, bevorzugt. Grundsätzlich müssen Speisen also stärker gewürzt werden, um den gewohnten Geschmack zu erzielen. Lebensmittel mit einem ausgeprägten Umami-Geschmack, wie Tomaten oder bestimmte Fleischsorten, können tatsächlich besser wahrgenommen werden. Backwaren hingegen können weicher und matschiger erscheinen.
Bei der Getränkeauswahl dominieren intensive, süße Weißweine und es werden Rotweine mit schweren Aromen bevorzugt, da sie in der Höhe besser schmecken. Bitter und sauer bleiben dafür weitestgehend unbeeinträchtigt. Tomatensaft hingegen schmeckt in der Luft fruchtiger und weniger muffig als am Boden. Er ist regelrecht erfrischend und belebender als ein Bier und wird auch deswegen bei der Lufthansa mehr ausgeschenkt, als die Hopfenkaltschale. Auch Kaffee ist ein Problem: Der muss eher mild sein, weil sonst die Bitterstoffe, die stabil bleiben, zu stark herauskommen.

Ein Beispiel für ein beliebtes Bordessen ist kaltes Roastbeef mit Kartoffelsalat, das als guter kleiner Snack beschrieben wird, besonders für kürzere Flüge.
Ob Fluggesellschaften dafür eigene Entwicklungsstätten in Orten, die natürlich hoch zwischen 2.200 und 2.600 m über dem Meer liegen und somit den Druckverhältnissen in Flugzeugkabinen gleichen, entwickeln, wie Bogotá (Kolumbien), Cayambe (Ecuador) oder in Obertauern (Österreich), ist nicht explizit überliefert. In jedem Falle investieren Fluggesellschaften in Forschung, um ihre Bordmenüs zu optimieren, wie z.B. die Deutsche Lufthansa. Diese arbeitete mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik, die die Flugbedingungen im Original-Flugzeugrumpf eines ausgemusterten Airbus A310-200 simulierten und Geschmackstests durchführten, zusammen, um neue Rezepturen zu entwickeln. Dazu wurden auch typische Flug-Geräusche und Lichteinflüsse zum Essen in der Luft erzeugt, wie sie real in Maschinen in Reiseflughöhe vorherrschen. Singapore Airlines testet Bordmenüs in einer eigenen Unterdruckkabine unter simulierten Flugbedingungen.

Gerüstet mit diesem Wissen, ist es nicht schwer, ein gutes Bordmenü zusammenzustellen. Dafür benötigt man keinen Sternekoch, sondern nur die richtige Würze sowie genügend Getränke, damit Körper und Schleimhäute nicht zu sehr unter der trockenen Kabinenluft leiden. Mit angenehmer Musik oder einem Kopfhörer, der Störgeräusche unterdrückt, ist Genuss auch während des Flugs möglich.

Lesen Sie hierzu einen aktuellen Artikel aus der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 12.12.2024, den wir Ihnen hier gerne verlinken.

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