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Verbot von Bisphenol A (BPA) in Materialien mit Lebensmittelkontakt Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen für bestimmte Anwendungen

Verbot von Bisphenol A (BPA) in Materialien mit Lebensmittelkontakt
Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen für bestimmte Anwendungen

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für ein Verbot von Bisphenol A (BPA) in Materialien vorgelegt, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, einschließlich Kunststoffen, Lacken und Beschichtungen. Dieses Verbot basiert auf einer Neubewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die gesundheitliche Risiken wie die Beeinflussung des Immunsystems und mögliche reproduktionstoxische Wirkungen festgestellt hat. Zudem sollen Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen für bestimmte Anwendungen erarbeitet werden, um sicherzustellen, dass Unternehmen geeignete Alternativen finden können

Bisphenol A (kurz: BPA) ist ein chemischer Stoff, der als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Polycarbonatkunststoffen und Epoxidharzen verwendet wird. Diese sind hart, bruchsicher und transparent. Aufgrund dieser Eigenschaften wird Polycarbonat z. B. als Material für Trinkflaschen oder Aufbewahrungsboxen verwendet. Epoxidharze kommen auch als Innenbeschichtungen von Konservendosen zum Einsatz. Darüber hinaus findet sich BPA auch in Teilen von Produktionsanlagen in der Ernährungsindustrie wieder, z. B. in Tanks, Membranen, Dichtungen oder Giessformen.

BPA kann in minimalen Mengen aus den Behältnissen in die darin enthaltenen Lebensmittel und Getränke übergehen. Da der Stoff in großen Mengen hormonschädigend wirken kann, haben Wissenschaftsbehörden auf Basis von Studien Werte für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge, die über die gesamte Lebenszeit ohne Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann, der sogenannte TDI-Wert, festgelegt. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurden auch noch keine gesundheitsschädlichen Wirkungen der aktuellen BPA-Aufnahmemenge für Menschen nachgewiesen (https://www.bfr.bund.de/de/bisphenol_a_in_alltagsprodukten__antworten_auf_haeufig_gestellte_fragen-7195.html).

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in einem Gutachten im April 2023 (https://www.efsa.europa.eu/de/news/bisphenol-food-health-risk) das gesundheitliche Risiko von BPA jedoch anders eingestuft. Wissenschaftlich gesehen ist diese Bewertung der EFSA höchst umstritten. So hat das BfR daraufhin eine sehr deutlich abweichende Bewertung (Faktor 1000!) veröffentlicht, in der es wörtlich heißt: „Das BfR unterstützt den von der EFSA abgeleiteten neuen TDI aufgrund mehrerer wissenschaftlicher und methodischer Unstimmigkeiten (Divergenzen) nicht“ (https://www.bfr.bund.de/cm/343/bisphenol-a-bfr-schlaegt-gesundheitsbasierten-richtwert-vor-fuer-eine-vollstaendige-risikobewertung-werden-aktuelle-expositionsdaten-benoetigt.pdf).

Dennoch hat die Europäische Kommission nun auf Basis der EFSA-Bewertung das Verbot der Verwendung von BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien beschlossen. Die Lebensmittelwirtschaft hat an dem generellen BPA-Verbot Kritik geübt, da es ohne objektive Notwendigkeit kurzfristig beschlossen wurde und auch wichtige Materialien und Bauteile für die Herstellung von Lebensmitteln verboten werden. Es gibt keine Ausnahmeregelungen, z. B. für Kurzzeitkontakt, der zu keiner Migration führt. Die Regelung enthält viel zu kurze Übergangsfristen und wird somit den erforderlichen Prozessen der Entwicklungen und Prüfung geeigneter Ersatzmaterialien nicht gerecht. Sie ermöglicht zudem nur sehr kurzfristig übergangsweise die Herstellung und den Verkehr mit Ersatzteilen, wie z. B. Ventilen oder Dichtungen für Lebensmittelmaschinen. Nicht verbautes Material muss vom Markt genommen werden. Damit ist für viele bestehende Maschinen und Anlagen kein Weiterbetrieb möglich und der zugesicherte Bestandsschutz läuft ins Leere.

 

Quelle: Lebensmittelverband, veröffentlicht 12.07.2024