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Stand der Entwicklung von Kaffee aus dem Bioreaktor (2025)

Kaffee aus dem Bioreaktor – oft als „zellbasierter Kaffee“ oder „Labor-Kaffee“ bezeichnet – ist ein innovativer Ansatz, Kaffee ohne klassische Kaffeebohnen zu produzieren. Stattdessen werden Pflanzenzellen, meist aus Kaffeepflanzen, in Nährlösungen in Bioreaktoren kultiviert. Diese Zellen wachsen zu einer Biomasse heran, die anschließend geerntet, getrocknet, geröstet und zu Kaffeepulver verarbeitet wird. Das Verfahren ähnelt der Herstellung von Laborfleisch, ist jedoch mit Pflanzenzellen technisch einfacher und kostengünstiger umzusetzen.

Die ersten Chargen, insbesondere vom VTT Technical Research Centre of Finland, wurden bereits sensorisch getestet. Das Ergebnis: Geruch und Geschmack ähneln dem von herkömmlichem Kaffee, wenn auch noch nicht perfekt. Sensorik-Experten berichten von einer leichten Bitterkeit und einem pelzigen Mundgefühl, während Säure und Aromen noch optimiert werden müssen. Dennoch ist das Potenzial groß, und mit gezieltem Feintuning im Bioreaktor lassen sich Aromen und Koffeingehalt steuern.

Die Produktion mit Bioreaktoren benötigt weniger Fläche und Wasser, verursacht deutlich geringere CO₂-Emissionen und ist unabhängig von Wetter und Anbaugebieten. Lange Transportwege entfallen, da Bioreaktoren nahe an den Verbrauchszentren betrieben werden können. Dabei umgeht die Technologie soziale Herausforderungen im traditionellen Kaffeeanbau (z.B. schlechte Arbeitsbedingungen), wirft aber auch neue Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf die bisherige typische Tradition der Kaffeebauern auf.

Herausforderungen und Marktreife

Kaffee aus dem Bioreaktor gilt als „Novel Food“ und benötigt eine Zulassung, bevor er in Europa oder den USA verkauft werden darf. Selbst für Geschmackstests im Labor sind behördliche Genehmigungen erforderlich.

Außerdem ist die Produktion im industriellen Maßstab und zu wettbewerbsfähigen Preisen noch nicht erreicht. Die Forscher schätzen, dass es noch etwa zwei bis vier Jahre dauern wird, bis erste Produkte auf den Markt kommen und dann auch preislich konkurrenzfähig sein könnten.

Die Entwicklung läuft iterativ weiter, um Geschmack, Mundgefühl und Zubereitung zu perfektionieren. Auch neue Darreichungsformen (z.B. Pellets für Röstereien) werden diskutiert.

Kaffee aus dem Bioreaktor ist also keine Science-Fiction mehr, sondern eine real existierende, wenn auch noch experimentelle Technologie. Die ersten Prototypen sind vielversprechend, insbesondere in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Bis zum kommerziellen Durchbruch und zur breiten Verfügbarkeit wird es voraussichtlich noch einige Jahre dauern – vor allem wegen regulatorischer Hürden und der Notwendigkeit, Geschmack und Preis weiter zu optimieren.

„Was wir im Labor herstellen, kommt geschmacklich schon nahe an natürlichen Kaffee heran, aber ich bin noch nicht ganz zufrieden. […] In zwei Jahren könnte das erste Produkt auf dem Markt sein – in vier Jahren zu konkurrenzfähigen Preisen.“ sagt Chahan Yeretzian von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Lesen Sie hierzu einen wissenschaftlich erarbeiteten Artikel aus der NZZ (Neue Zürcher Zeitung) mit dem Titel „Der Kaffee der Zukunft braucht keine Bohnen mehr“.