Aus dem Archiv: KIN Mitteilungen Nr. 57 aus dem Februar 1973 zum Thema:
Die wirtschaftliche Situation der Obst- Gemüse- und Sauerkonserven-Industrie aus dem Februar 1973
Ein kritischer Blick auf eine einst blühende Branche
Die Entwicklung der Umsätze in der Sauerkonservenindustrie von 1973 bis 2024 wurde durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter Veränderungen in den Verbraucherpräferenzen, wirtschaftliche Bedingungen, technologische Fortschritte, Klimaveränderungen und Trends in der Lebensmittelindustrie.
In den 1970er Jahren war die Nachfrage nach Konservenprodukten relativ stabil. Die Menschen schätzten die Haltbarkeit und Bequemlichkeit von Konserven, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.
Ein Jahrzehnt später erlebte die Industrie ein moderates Wachstum. Die Einführung neuer Produkte und Geschmacksrichtungen sowie Marketingstrategien trugen zur Steigerung des Umsatzes bei. Gleichzeitig begannen jedoch auch frische und gefrorene Lebensmittel an Popularität zu gewinnen.
Mit Beginn der 2000er Jahre stagnierten die Umsätze in der Sauerkonservenindustrie teilweise, da Verbraucher zunehmend auf frische und gesunde Alternativen achteten. Bio- und Naturprodukte gewannen an Bedeutung, was zu einem Rückgang des Konsums von verarbeiteten Lebensmitteln führte.
Ab 2010 gab es eine gewisse Erholung für die Branche, da das Interesse an handwerklich hergestellten und regionalen Produkten zunahm. Auch Convenience-Produkte blieben gefragt, was den Umsatz stabilisierte.
Im Vergleich zu 1973 ist die Branche heute deutlich stärker konzentriert und internationalisiert. Während 1973 noch viele kleinere, regional operierende Betriebe existierten, sieht sich die Industrie 2024 einem intensiveren Wettbewerb durch große, europäisch ausgerichtete Unternehmen gegenüber. Dies hat zu Konzentrationsprozessen und teilweise zu Personalabbau geführt.
Die wirtschaftliche Situation der Obst-, Gemüse- und Sauerkonserven-Industrie im Jahr 2024 lässt sich als herausfordernd und angespannt beschreiben. Fünfzig Jahre nach den KIN-Mitteilungen aus dem Jahre 1973 ist die beste Zeit dieser Konserven gefühlt lange Geschichte. Dabei tragen wichtige Faktoren zu dieser Entwicklung bei.
Neben Kostendruck und Inflation belasten besonders hohe Energiepreise die Produktion.
Die Branche sieht sich mit anhaltend steigenden Kosten konfrontiert:
Gestiegene Betriebsmittel-, Transport- und Verpackungskosten erhöhen den Kostendruck. Aber auch der Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,41 Euro zum 1. Januar 2024 verschärft die Kostensituation, besonders im arbeitsintensiven Sonderkulturanbau.
Zusätzliche Belastungen entstehen durch erhöhte Maut und CO2-Preise.
Diese Kostensteigerungen können von den Erzeugern und Produzenten oft nicht durch höhere Erlöse ausgeglichen werden, was die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe belastet.
Witterungsbedingte Herausforderungen haben die Produktion in den letzten Jahren beeinflusst. Der ausgefallene Frühling 2024 wirkte sich katastrophal auf die Versorgungslage mit frischen Früchten zur Verarbeitung aus. Unstete Witterungsbedingungen beeinträchtigen die Ernte und Qualität der Produkte in den letzten zehn Jahren erheblich.
Dabei sind die Marktentwicklung und Preise mit ausschlaggebend dafür, dass ein großer Industriezweig bzw. ein Segment in der Lebensmittelindustrie stetig verliert.
Die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte lagen im Juni 2024 um 3,2% höher als im Vorjahr. Pflanzliche Produkte verzeichneten einen Preisanstieg von 6,3%, während Tiere und tierische Erzeugnisse nur um 1,1% teurer wurden. Speisekartoffeln erlebten einen deutlichen Preisanstieg von 31,7% im Vergleich zum Vorjahr. Obst verteuerte sich um 22,6%, während Gemüse nur einen leichten Preisanstieg von 0,6% verzeichnete.
Die Branche steht vor weiteren Herausforderungen, wie veränderte Konsummuster und ein gestiegenes Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher. Diese erfordern Anpassungen. Die demografische Entwicklung der Erwerbsbevölkerung stellt die Branche vor neue Aufgaben. Steigende Anforderungen durch Zertifizierungen und Lebensmittelsicherheit erhöhen den Aufwand für die Betriebe.
In den letzten Jahren hat die Branche an Attraktivität verloren. Viele alternative Produkte drängen auf den Markt, die insbesondere durch frische, neue vegane und vegetarische Produkte geprägt wird. Die Gemüse- und Obst- verarbeitende Konservenindustrie scheint diesen Trend, der wie auf einem Tablett an den Unternehmen vorbei getragen wird, zu verschlafen. Gerade Frauen aus der GenZ, im Alter zwischen 19 und 29 Jahren ernähren sich bewusst, ca. 80% überwiegend vegan. Es wäre eine leichte Möglichkeit, diese Altersgruppe stärker mit einer traditionellen Produktgruppe zu versorgen. Was den Unternehmen hier scheinbar fehlt ist ein frisches Marketing, dass die Wahrnehmung dieser Produkte in ein neues Licht rückt.
Auch dieser Industriezweig scheint zu vergessen, dass die 19 bis 29 jährigen Konsumentinnen die zukünftigen Käufer ihrer Produkte sein werden. Da in der Familiensituation stets Frauen mehrheitlich einkaufen, ist es viel wichtiger diese Käufergruppe fest im Blick zu haben.
Eigentlich fatal. Unternehmen produzieren erstklassige vegane Produkte und sind nicht mehr im Fokus einer jungen, wenngleich wählerischen und ausgabefreudigen Generation. Da hilft nur Angriff, schließlich ist das die beste Verteidigung!
Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre des originalen Wirtschaftsberichtes innerhalb der KIN-Mitteilungen Nr. 57 aus dem Februar 1973.