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Der Mythos von der chemischen Zusammensetzung unserer Lebensmittel

Der Mythos von der chemischen Zusammensetzung unserer Lebensmittel

Am 17. Juni 2023 berichtete die NZZ (Neue Zürcher Zeitung) auf ihrem Instagram Account über Lebensmittelchemie, die für den Normalbürger eher etwas bösartiges darstellt und für uns Fachleute allgegenwärtig ist oder wenigstens sein sollte.

Dabei nutzte die Schweizer Tageszeitung zur Illustration Material vom australischen Chemielehrer James Kennedy, der sich die Mühe gemacht hat, Zutatenlisten für natürliche Lebensmittel, wie Obst, Gemüse, Eier oder Kaffeebohnen zu erstellen. Dabei stellt er immer wieder fest, dass es von Gesetztes wegen eine Deklarationspflicht für natürliche Lebensmittel geben müsste.

James Kennedy sagt, dass er stets der Deklaration von Produkten eine hohe Wichtigkeit beimisst. Wenn ein Produkt Mononatriumglutamat (E621) oder Maissirup mit hohem Fruchtzuckergehalt enthält, würde er es wahrscheinlich nicht kaufen, egal wie gesund oder lecker das Essen insgesamt aussieht (seltsamerweise wäre er jedoch dazu bereit es zu essen).

Manche Menschen interessieren sich für unterschiedliche Inhaltsstoffe wie „E-Nummern“. Er habe diese Grafik erstellt, um zu zeigen, dass „natürliche“ Produkte (z. B. eine Banane) auch gruselig aussehende Inhaltsstoffe enthalten. Alle Zutaten auf dieser Liste sind in einer gentechnikfreien Banane zu 100 % natürlich enthalten. Bei keiner der Zutaten handelt es sich um Pestizide, Düngemittel, Insektizide oder andere Schadstoffe.

Die Werbung neige nach James Kennedy dazu, die Wörter „rein“ und „einfach“ zu verwenden, um „natürliche“ Produkte zu beschreiben, obwohl sie nicht verkehrter beschrieben werden könnten.
Mit Darstellungen wie diesen (zur Banane) möchte er zeigen, dass „natürliche“ Produkte normalerweise komplizierter sind als alles, was wir im Labor herstellen können. Der Kürze halber habe er die tausenden von Minderheitszutaten, die in einer Banane vorkommen, einschließlich DNA, weggelassen.

Aber: diesen vermeintlichen Gegensatz von Natur und Chemie gibt es nicht.

Zusatzstoffe in Lebensmitteln verunsichern viele Menschen. Doch schaden uns Verdickungsmittel und Emulgatoren wirklich? Der Lebensmittelchemiker und Professor an der Universität Halle, Daniel Wefers, räumt mit Vorurteilen auf – denn manche Zusatzstoffe sind sogar von Vorteil für den Körper.

„In Kaffee sind z.B. einige Stoffe enthalten, die als potenziell krebserregend gelten, wie zum Beispiel Acrylamid und Furan. Und trotzdem sehen wir nicht, dass Kaffeetrinker kürzer leben – eher im Gegenteil. Gerade wenn man an die Zukunft denkt, ist dieser Ansatz des unter allen Umständen „natürlichen“ nicht zielführend. Es ist sinnvoll, dass wir die Bandbreite unserer Lebensmittelauswahl vergrößern, eben weil manche Nahrungsmittel nachhaltiger sind als andere“

Xanthan findet Daniel Wefers spannend: Es wird von Bakterien gebildet, die Krankheitserreger für Pflanzen sind, und hat ganz besondere Eigenschaften. Es macht Saucen zähflüssig und sorgt zum Beispiel dafür, dass Kräuter nicht absinken. Es zeigt auch, dass man deutlich sensibler geworden ist: Obwohl es nachweislich nicht schädlich ist, ist sich Daniel Wefers nicht sicher, ob es heute mit dieser Herkunft als Krankheitserreger noch zugelassen werden würde.

James Kennedy hingegen reduziert die Realität von Zusatzstoffen auf sechs Punkte:

  1. Ein Leben ohne Chemie kann man nicht führen.
  2. Natürlich ist nicht immer gut und künstliche Chemikalien sind nicht grundsätzlich gefährlich.
  3. Synthetische Chemikalien verursachen nicht viele Krebsarten und andere Krankheiten.
  4. „Detox“ (entgiften) ist ein Marketing-Mythos
  5. Wir brauchen künstliche Lebensmittelchemie
  6. Unser Wirken in der Lebensmitteltechnologie und -chemie findet nicht in einem unregulierten und unkontrollierten Raum statt, es gibt wirkungsvolle Kontrollen und wir werden ständig überwacht.

Unabhängig davon bleibt die Zusammensetzung unserer natürlichen Lebensmittel erklärungsbedürftig. Für die meisten Menschen sind natürliche Lebensmittel nicht mit Chemie in Verbindung zu bringen, obwohl dem einen oder anderen klar sein sollte, dass im menschlichen Körper chemische Prozesse zur Verwertung der Inhaltsstoffe stattfinden. Der Weg des James Kennedy hingegen öffnet Türen mit der Botschaft, dass alles was wir essen, etwas mit Chemie zu tun hat. Chemie als Wissenschaft der Zusammensetzung von Stoffen. Es ist äußerst lehrreich und notwendig die Funktionalität dieser Stoffe zu erkennen. Dabei bewegen Menschen häufig leicht und lässig mit aller Selbstverständlichkeit den Begriff des H2O. Chemie, selbst Wasser ist Chemie!

 

Weitere Infos zu überwiegend kostenlosen Postern zu Inhaltsstoffen von James Kennedy finden Sie hier.