Aus dem Archiv: KIN-Mitteilungen Nr. 28 aus dem Juni 1970 zum Thema:
Stabilisierung von Fruchtsäften durch pflanzliche Hydrokolloide
Die Stabilisierung von Fruchtsäften mit Hydrokolloiden begann um 1970 herum und ist heute ein etabliertes und weiterentwickeltes Verfahren, um die Qualität und Haltbarkeit von Fruchtsäften zu verbessern. Hydrokolloide sind also in der Lage nicht nur Wasser zu binden, sondern auch eine Gelstruktur zu bilden. In dieser Gelstruktur lassen sich dann Trübstoffe oder Fruchtfleisch schwebend halten.
Bei der Stabilisierung von Fruchtsäften werden Hydrokolloide u.a. verwendet, um folgende Ziele zu erreichen:
- Durch die Zugabe von Hydrokolloiden können Fruchtsäfte viskoser gemacht werden, was zu einem angenehmeren Mundgefühl führt und das Ausfällen von Feststoffen in der Flüssigkeit verhindert.
- In Fruchtsäften können Öle oder Aromen vorhanden sein, die dazu neigen, sich abzusetzen. Hydrokolloide helfen, diese Bestandteile in der Suspension zu halten und eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten.
- Manche Fruchtsäfte neigen dazu, sich in Wasser- und Feststoffphasen zu trennen. Durch die Zugabe von Hydrokolloiden kann diese Phasentrennung verhindert werden, wodurch die Stabilität des Produkts verbessert wird.
- Hydrokolloide können auch die Textur von Fruchtsäften verbessern, indem sie ein angenehmeres Mundgefühl erzeugen und eine gleichmäßige Konsistenz sicherstellen.
Farblose Hydrokolloide haben zudem schützende Eigenschaften, um den Farbabbau von Anthocyan in Fruchtsäften maßgeblich zu unterbinden. Dieses wurde durch den „Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI)“, Bonn, in der Zeit von 2009-2012 untersucht. Dabei wurden die Farbpigmente des sehr instabilen natürlichen Farbstoffs Anthocyan durch die Hydrokolloide quasi maskiert und konnten somit langfristig vor Licht, hohen Temperaturen, extremen pH-Werten und Sauerstoff geschützt werden. Im Gegensatz dazu kann die Anwesenheit von Copigmenten, wie z.B. von Sacchariden, freien Aminosäuren oder phenolischen Verbindungen, die Pigmentstabilität im Vergleich zu isoliert vorliegenden Anthocyanen merklich verbessern.
Geläufige Hydrokolloide, die in der Lebensmittelindustrie zur Stabilisierung von Fruchtsäften verwendet werden, sind beispielsweise Xanthan, Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl und Pektin. Die Auswahl des Hydrokolloids hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der gewünschten Textur und der spezifischen Eigenschaften des Fruchtsafts. Auch die Verwendung von zwei oder mehreren Hydrokolloiden ist üblich, um Synergieeffekte zu erzielen.
Im Jahre 1989 gelang es einem Lübecker Unternehmen der Sparte der Hydrokolloide, G.C. Hahn & Co., für die Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG ein Frucht-Molke-Getränk namens „R´aktiv“ zu entwickeln, das bisher in dieser Kombination nicht stabil zu realisieren war. Der Entwicklungsabteilung von Hahn & Co. gelang es das Produkt so zu stabilisieren, ohne das die Molke durch die Fruchtsäuren ausflockte. Das homogene Produkt war in dieser Form anfänglich eine Sensation und sehr lange im LEH vertreten.
Das Unternehmen Nestlé bewies mit dem Produkt „Flair“ Mitte der achtziger Jahre, einer pasteurisierten, konzentrierten Fruchtpulpe in der 400 ml Dose, dass das in Früchten natürlich vorhandene Pektin in Kombination mit Vollmilch zu einer Art Frucht-Quarkspeise gelierte. Dabei verhalf das in der Milch natürlich vorkommende Salz Calcium in Verbindung mit dem Pektin der Fruchtpulpe zur Gelbindung.
Prinzipiell ein fantastisches Produkt, dessen Wirkungsweise nur der Lebensmitteltechnologe verstand, aber den Verbraucher sichtlich überforderte. Das Produkt war zu fortschrittlich für seine Zeit, obwohl die Deklaration nur Fruchtpulpe und ggf. zugesetzten Zucker auswies. Für den Verbraucher war diese Reaktion der natürlichen Lebensmittelchemie befremdlich und nicht fassbar. Das Produkt floppte und wurde nach umsatzschwacher Zeit wieder vom Markt genommen.
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Hydrokolloide: Einsatz und Anwendung – Workshop vom 06.06.-07.06.2024
Den Original Beitrag aus den KIN-Mitteilungen finden Sie hier.