Aus dem Archiv: KIN-Mitteilungen Nr. 113 aus dem September 1977 zum Thema:
Vergleichbare Auftauverfahren von Gefrierfleisch
Welches Auftauverfahren für Gefrierfleisch die beste Praktikabilität findet, bei gleichzeitig geringen Verlusten an Fleischsaft, aber auch qualitativ mit Frischfleisch Schritt halten kann, ist relativ leicht erklärbar. Die Zusammenhänge zwischen Fleischchemie und den physikalischen Bedingungen beim Einfrieren selbst sind entscheidend für die Vorbehandlung des Fleisches, bevor es eingefroren wird. Hier, genau hier ist es wichtig, dass der Rigor Mortis mit Hilfe von Kühlung eingetreten ist, bevor mit dem Gefrieren begonnen wird. Wird das nicht beherzigt, dürfen wir uns über Fleischsaftverlust nicht beklagen.
Der gesamte Prozess muss also zeitlich genau unter Berücksichtigung lebensmittelchemischer und idealer technisch-physikalischer Vorgänge durchgeführt werden. Längst haben wir erkannt, dass ein schnelles Einfrierverfahren nicht nur bei Fleisch von Vorteil für die spätere Qualität des Gutes ist, schließlich sorgen mikroskopisch kleine Eiskristalle nicht für eine scharfkantige Verletzung von Zellwänden und Protein, dass für die Wasserbindung zuständig ist. Selbst geringe Schwankungen in der Lagertemperatur bei tiefkalten Bedingungen sorgen für eine Veränderung der Kristallsituation. Die Rekristallisierung des Eises während der Lagerung ist nicht von der Hand zu weisen, selbst wenn die Temperatur oberhalb von -30°C nur um 2°C variiert. Dabei neigen kleine Eiskristalle sich zu größeren zusammenzuballen und damit Zellwände zu zerstören sowie später einen höheren Auftauverlust an Fleischsaft zu begünstigen. Auch hier ist also eine beständige Temperatur der Garant dafür, dass geringere Auftauverluste eher die Regel, als die Ausnahme sind.
Und das Auftauen selbst?
Es gibt mehrere Wege das Produkt vom Eis zu befreien, wobei die Lösung in gekühlten Räumen denkbar ist, aber der Faktor Zeit im Sinne der räumlichen Verfügbarkeit eher hinderlich ist. Wer Zeit hat Fleischblöcke von 30 cm Höhe bis zu einer Kerntemperatur von -1°C über 4-7 Tage (in Abhängigkeit vom Fettgehalt des Gefriergutes, der Belüftung des Auftauraumes, der Umwälzung der Luft im selben und der verwendeten Temperatur) auftauen zu lassen, riskiert besonders eine weitere Austrocknung der Oberfläche der Rohwaren, die bereits durch den Einfrierprozess viel an Feuchtigkeit verloren haben. Der Auftauverlust liegt bei ca. 2,5 bis 4% (in Abhängigkeit der Art des Gefriergutes).
Auftauen im Luftstrom ist von Vorteil, sobald die umströmende Luft mit Wasserdampf nahezu gesättigt wird (95-98%). Das sorgt für ein deutlich schnelleres Verfahren, das in Abhängigkeit der Größe des Gefriergutes in Form von Blöcken oder Stücken bis auf ca. 8-12 Stunden heruntergebracht werden kann. Eine Austrocknung der Oberfläche kann vermieden werden, besser noch einen Auftauverlust muss es nicht geben. Die Praxis zeigt: selbst Gewichtszunahmen sind möglich.
Auftauen in kaltem Wasser oder das Besprühen mit Wasser ist deutlich schneller als ein Auftauen in Kühlräumen, ist aber nicht für alle Lebensmittel geeignet. Es setzt heute voraus, dass die Rohware in luftdichten Beuteln oder Verpackungen bearbeitet wird. Der wesentliche Nachteil bleibt bei direktem Wasserkontakt eine Verunreinigung der Oberfläche und ein Verwässern des Rohstoffes.
Das wirkungsvollste Verfahren im Hinblick auf Auftauverlust, Zeiteinsparung, keine Erhöhung der Oberflächenkeimzahl, Platzersparnis und gute hygienische Voraussetzungen war damals (1977) wie heute, das Hochfrequenzverfahren sowie auch die heute eingesetzte Mikrowellenauftautechnologie, die ein Auftauen mit Saftverlusten < 2% möglicht macht.
Wir berichteten bereits über dieses Verfahren mit den KIN-Mitteilungen aus August 2023. Hier finden Sie weitere Informationen und im Falle des Interesses auch Hilfe: Mikrowelle oder Radiofrequenz? – KIN
Hier gelangen Sie zur PDF aus dem Archiv 113 vom September 1977