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Start-ups in der Fleischbranche – Mit dem Familienrezept auf Erfolgskurs

Nie waren die Chancen besser, mit einem Start-up im Food-Sektor erfolgreich zu sein. Doch der Weg vom Familienrezept oder einer lokalen Spezialität in den deutschen Markt ist steinig und mit Vorschriften gespickt.

Ob deutsches Straußenfilet, Biofleisch vom Weiderind oder die legendäre Lammbratwurst des Großvaters – wer seine schmackhafte Idee über den eigenen Hofladen, den Handel oder die Street Food Szene vermarkten möchte, dem setzen Gesetzgebung und Standards enge Leitplanken: Zulassungs-/Zertifizierungsplicht gemäß der europäischen Verordnung (EG) 852/2004, Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs nach (EG) 853/2004, Installation eines Eigenkontrollsystems entsprechend der Basisverordnung VO (EG) 178/2002 und seit September 2016 die Entwicklung eines Managementsystems für Lebensmittelsicherheit gemäß dem neuen EU-Leitfaden EU 2016/C278/01. Letzterer stellt klar: Jeder Lebensmittelunternehmer ist selbst für umfassende Hygienemaßnahmen verantwortlich. Das fällt gelernten Fleischern naturgemäß leichter als fachfremden Foodies, die allenfalls mit der küchentechnischen Zubereitung vertraut sind. Dennoch kommen immer mehr Gründer aus Hörsälen, Hightech-Schmieden und Hobbyküchen.

A und O: Partner finden

Je schneller, desto besser: Diese Devise gilt auch für Trends in der Food-Branche. Doch so ein Familienrezept ist nicht einfach skalierbar, Prozessparameter wie Sterilisationstemperatur und Kühlzeit müssen experimentell entwickelt werden, die Haltbarkeit muss abgesichert sein, die Verpackung muss zum Vertriebskonzept passen und Produktmuster dürfen nur von einem zertifizierten oder zugelassenen Betrieb erzeugt werden. Deshalb kann es sich lohnen, ein Neuprodukt zuerst mit Hilfe von erfahrenen, perfekt ausgerüsteten Partnern zu entwickeln und in Lohnfertigung produzieren zu lassen, bevor im Erfolgsfall eine eigene Produktion – zum Beispiel mit finanzkräftigen Investoren im Hintergrund – aufgebaut wird. In der frühen Phase helfen lokale und regionale Transferbüros, an Existenzgründerdarlehen auf Länderebene oder aus EU-Fördertöpfen zu gelangen. Ist die Geschäftsidee hip genug, sind Crowdfunding-Plattformen eine mögliche Quelle.

Bereits ab der ersten Idee berät und unterstützt auch das KIN-Lebensmittelinstitut Start-ups in der Food-Branche: Das KIN entwickelt Rezepturen, Herstellungsparameter und die passende Verpackung, sichert die Verkehrsfähigkeit und Mindesthaltbarkeit im Labor ab, produziert Handmuster und unterweist in allen lebensmittelrechtlichen und hygienischen Fragestellungen – auch vor Ort im Betrieb. Start-ups, die bereits über die Testmarkt-Phase hinaus sind und selbst eine eigene Produktion aufbauen wollen, werden vom KIN von der Entwicklung eines HACCP-Konzepts über die Einrichtung einer hygienegerechten Produktion inklusive Schulungsmaßnahmen bis zur ersten Zertifizierungs-Audit durch die Lebensmittelüberwachung begleitet und können sich auch später Unterstützung holen, wenn es um die Aufrechterhaltung ihres Qualitätsmanagementsystems geht.

Herausforderung Handel

Für einen Markttest – selbst im Supermarkt um die Ecke – braucht es ein sicheres Produkt, hergestellt von einem zugelassenen Betrieb. Das gelingt einfach und kostengünstig über einen bereits zertifizierten Partner, der vom Auftraggeber jedoch die Rezeptur und die Herstellungsparameter erwartet. Um risikofrei an aussagekräftige Ergebnisse zu kommen, sollte der Testverzehr an Ort und Stelle erfolgen, detailliert dokumentiert und ausgewertet werden. Hapert es an der sensorischen Qualität, heißt es: zurück ins Labor und optimieren. Wer in Eigenproduktion den Vertriebskanal Handel bedienen will, muss sich dem International Featured Standard (IFS) unterwerfen und hat als kleiner Betrieb drei Jahre Zeit, die Standards komplett umzusetzen. Dazu gehören beispielsweise auch Systeme des Produktschutzes (food defence) wie Fahrzeugkontrollen bei den Lieferanten. Besucher müssen kontrolliert, über Hygienevorschriften belehrt und während des Aufenthalts auf dem Werksgelände begleitet werden.
Zumeist einmal im Quartal erwarten die Handelsketten Bescheinigungen akkreditierter Labors, die Lieferanten in Auftrag geben müssen – zusätzlich zu den eigenen Untersuchungen, mit denen Lebensmittelunternehmer ihre Produktionen parallel begleiten und steuern. –. Im Fokus steht hier die Einhaltung der zwischen Handel und Erzeuger vereinbarten Spezifikationen, unter anderem Mindesthaltbarkeit, mikrobiologische Qualität, Inhalt und Zusammensetzung, Verpackung und Etikett.

Hundertprozent selbstgemacht

Gründer, die im Familienbetrieb aufgewachsen sind, setzen den Schwerpunkt gern auf die eigene handwerkliche Herstellung. Oftmals müssen sie alte Betriebsstätten umfangreich renovieren und auf den neuesten hygienischen und technischen Stand bringen. Das reicht von der Anzahl der Handwaschbecken über Abflüsse und erneuerte Trinkwasserleitungen, bruchsichere Beleuchtung und eine Frischekur für Böden, Wände und Decken über Zerlegetische, Messer und Kühleinrichtungen und vieles mehr bis hin zur Planung kreuzungsfreier Produktionsprozesse. Ein Qualitätsmanagementsystem (QM-System) mit Hygienekonzept, Hygieneverantwortlichen und Kontrollen muss aufgebaut werden.

Kontrollinstanzen vor dem Markteintritt

Werden Konzepte wie bio, koscher oder halal verfolgt, müssen auch diese Vorschriften in das QM-System einfließen. Sie werden von entsprechenden Überwachungsstellen zertifiziert und kontrolliert. Erst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Antrag bei der lokalen Lebensmittelüberwachung gestellt werden. Sie stuft den Betrieb in eine Risikokategorie ein und legt die Kontrollhäufigkeit fest. Das amtliche Testat geht nach Berlin zum Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das die europaweite Registrierung regelt –die Grundvoraussetzung für die gesetzlich festgelegte Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln.

Fazit: Besser mit Unterstützung

Gerade in der Food-Branche sind die Markteintrittshürden für Start-ups enorm und erfordern einen langen Atem. Ganz gleich, wie innovativ und aufregend ein Produkt ist – vor spektakulären Marketingaktionen steht ein Marathon durch das komplexe Lebensmittelrecht mit seinen Vorschriften und der Verbraucherschutz. Nicht wenigen geht auf der Zielgeraden die Puste aus. Wer unerfahren ist, sollte sich deshalb unbedingt Unterstützung in allen kritischen Punkten sichern. Man kann nicht alles alleine schaffen – am Ende sind in der Regel diejenigen erfolgreich, die zur richtigen Zeit die richtigen Partner an ihrer Seite haben.

Für weitere Information zum KIN Start Up Programm schreiben uns gerne eine Mail vogelsang@kin.de oder rufen Sie mich an: 04321 601 57.